Schaffen wir es, offen miteinander zu reden?

Schaffen wir es, offen miteinander zu reden?

Die Juristin Jessica Hamed schrieb heute auf Twitter:

Als erstes möchte ich mich bei Jessica Hamed bedanken, sie hielt in den letzten 3 Jahren die Fahne unserer Grund- und Menschenrechte gegen alle Widerstände hoch, immer sachlich und doch nicht unterzukriegen.

So sehr ich mir auch wünschen würde, dass das angesprochene Miteinander-ins-Gespräch-kommen jetzt ins Rollen kommt, so sehe ich es überhaupt nicht.

Erstens muss man konstatieren, dass der Wunsch danach nahezu ausschließlich von denjenigen ausgeht, die den Maßnahmen kritisch gegenüberstanden. Bspw. twitterte der geschasste Dr.Pürner bereits am 29.4. dieses Jahres:

Bereits im Sommer 2021 wurde die Webseite https://coronaaussoehnung.org/ von Kritikern der Maßnahmen ins Leben gerufen. Ein Auftakt zu einer Aufarbeitung wurde die Initiative leider nicht, denn dazu gehören immer zwei.
Vor wenigen Tagen flutete der Hastag #amnesty Twitter. Es ging darum die nicht nur in Deutschland gespaltene Gesellschaft wieder zusammen rücken zu lassen. Auf Resonanz traf der Hashtag in erster Linie erneut bei den Maßnahmenkritikern.

Politiker kommen heutzutage mitunter in die Lage zum Thema Stellung nehmen zu müssen. Die allgemeine Reaktion besteht darin, einige wenige Fehler im Detail zuzugestehen, jedoch schnell zur Tagesordnung überzugehen. Ich bringe nur zwei aktuelle Beispiele.

MP Kretschmer belehrt also, dass man sich die Dinge nicht so gegenseitig aufrechnen solle, dass man nach vorn leben solle. Als ob ein Nach-vorn-leben ohne Aufarbeitung möglich sei.
Frau Buyx liegt der Gedanke eines Rücktritts angesichts einer fatalen Fehlleistung so fern wie dem Labrador eine Diät.  

Politiker und Verantwortungsträger der letzten Jahre werden keine ehrliche Aufarbeitung beginnen. Denn damit sägten sie an dem Ast auf dem sie sitzen. Die politische Riege unseres Landes ist mittlerweile so heruntergekommen, dass man ehrlich selbstkritische Haltungen leider nicht mehr erwarten kann. Im Gegenteil, das Geklammere an Posten mit allen einem zur  Verfügung stehenden Kräften und taktischen Mitteln ist die routinemäßige Verhaltensweise unserer Epoche geworden.

Um zum Einstieg zurück zu kehren. Nicht anders wird die Haltung in den Redaktionen der Zeitungen aussehen. Diejenigen, die an den Schaltstellen der Blätter sitzen, waren systemkonform. Sonst säßen sie nicht da. Warum sollten diese ein Tauwetter, ein Glasnost einleiten? Wo es taut, wird es rutschrig. Zu groß die Wahrscheinlichkeit liebgewonnene Pfründe zu verlieren.
Zudem liegt es in der Natur des Menschen Negatives und für ihn Schmerzhaftes zu verdrängen. Zwei beliebte Muster, die man in diesem Zusammenhang häufig antrifft, sind der Verweis auf "die Wissenschaft" und der Wandlung ihrer Erkenntnisse im Laufe der Zeit und dass "ja alles nicht so schlimm war".  
Wie der Begriff der Wissenschaft während der Corona-Pandemie missbraucht wurde, wird hoffentlich einmal in  vielen Doktorarbeiten und Büchern systematisch aufgearbeitet werden. Ohne mit der Wimper zu zucken wird jedenfalls momentan darauf verwiesen, dass die wissenschaftliche Bewertung der Pandemie und der politischen Maßnahmen auf selbige, sich eben mit der Zeit änderte. Kurz gesagt waren Verletzungen der Grundrechte in Ordnung, da es eben der (damalige) Stand "der Wissenschaft" erforderte, so vorzugehen. Im Nachgang sei man halt immer schlauer. Kein Wort verliert man über die sehr vielen Wissenschaftler, die von Anfang an den eingeschlagenen Weg mit fundierter Kritik zu begleiten und ändern versuchten. Man muss leider so formulieren, denn sie wurden auf allen Kanälen totgeschwiegen. Bis heute werden diese als absolute Minderheit dargestellt und bis heute haben sie keine Stimme in den Leitmedien. Wie schizophren das ist, sieht man beispielhaft am Umgang mit der Great Barrington Declaration und deren zahlreichen Autoren und Unterzeichnern. Liest man sich heute die Tweets bspw. von Prof. Martin Kulldorff, einem Mitinitiator, von 2020 durch, kann man nur mit dem Kopf schütteln. Ganz elementare Prinzipien von Public Health wurden sehenden Auges und wider besseres Wissen verletzt. Warum? Nie fragt sich die Seite, die keine Aufarbeitung möchte: Warum wurde so mit diesen Wissenschaftlern umgegangen? Warum wurde ihre Meinung in den Medien massiv unterdrückt? Wie konnte es passieren, dass Wissen, was 2020 von "den falschen Wissenschaftlern" formuliert wurde,  sich jetzt als überlegen gegenüber dem gebetsmühlenartig in den Medien Wiedergekäutem "der richtigen Wissenschaftler" erweist und wie kann man verhindern, dass genau dies wieder passiert? Offenbar hat man auch weitgehend akzeptiert, dass "die Wissenschaft" politische Entscheidungen ersetzte. Ja, bei vielen Politikern verspürte man eine regelrechte Erleichterung nicht mehr selbst entscheiden zu müssen, sondern dem RKI, auf jedem Fall aber einem wissenschaftlichen Gremium, Modell, Experten... blind folgen zu können. Hauptsache "Science"!
 
"Es war doch alles nicht so schlimm.", ist ebenfalls ein weithin oft gehörter Satz in diesem Zusammenhang. Wenn solche Sätze von denjenigen kommen, die selbst nicht mit den Ausgrenzungen leben mussten, weil ihr körperlicher Status der Staatsräson entsprach, ist das verdächtig. Die Gegenfrage, die sich aber aufdrängt, ist:
Wann wäre deine Rote Linie überschritten gewesen? Hättest du überhaupt eine gehabt?  Fakt ist, dass Ungeimpften eine zeitlang nur noch erlaubt war zu arbeiten und Nahrungsmittel zu kaufen. Es gab sogar Forderungen letzteres auch noch zu unterbinden. Hätte die freundliche Dame in der Tagesschau angekündigt, dass Ungeimpfte zu ihrem und den Schutz der Gesellschaft in PublicHealthCenter(den Begriff Lager hätte man sicher gemieden) eingeliefert werden: Wer wäre von den Geimpften aufgestanden? Wohl nur einzelne. Denn die Erfahrung zeigte, dass es keine Aufschreie in der Gesellschaft gab, egal wie man mit Ungeimpften umsprang. Ob es nun ganz offene verbale Diffamierungen über die Medien waren, Kennzeichnungen durch farbige Handbändchen, Arbeitsplatzverluste oder, oder , oder...  
Es stellte sich heraus, dass die Grundrechte nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen. Es hat denjenigen, die sich nicht haben impfen lassen, auch aufgezeigt: Du bist allein, niemand wird sich für dich einsetzen, keine Gewerkschaft, keine Kirche, kein Richter, kaum ein geimpfter Mitmensch. Vertraue niemanden außer dir selbst und dem kleinen Kreis, der noch so denkt wie du.
Die jetztige Weigerung der Politik zu einer Aufarbeitung sagt diesen Menschen auch: Es kann jederzeit wieder so kommen, vielleicht schlimmer.

Fakt ist, der Anteil derjenigen, die sich aktiv gegen die Maßnahmen stellten, ist deutlich kleiner als der Kreis derjenigen, die nichts unternommen haben. Das ist ein weiterer Grund, der gegen eine breite mediale Aufarbeitung spricht. Es wäre eine Initiative für eine Minderheit. Warum sollte eine Zeitung, deren Führung ohnehin kein Interesse an der Thematik haben kann, diesen Weg einschlagen? Der größte Teil der Käufer von ZEIT, Süddeutscher Zeitung, FAZ usw. gehören zum großen Anteil der Bevölkerung, die die Maßnahmen aktiv mittrugen oder kritiklos über sich ergehen ließen. Drei Jahre versicherten diese Zeitungen ihnen, dass sie alles richtig gemacht haben. Bei einer Aufarbeitung würde dieses Bild zwangsläufig Risse bekommen - schon weil plötzlich Stimmen zu Wort käme, die bisher nicht zu Wort kommen durften. Warum sollten die Leser das honorieren? Und warum sollte eine Redaktion also den Kurs ändern?

Letztlich schließt sich der Kreis wieder hin zu großen Politik bzw.Wirtschaft. Eine unbeantwortete Frage ist doch: Wie konnten die Medien überhaupt in eine solch einseitige Berichterstattung geraten? Bis auf wenige Ausnahmen, Berliner Zeitung, NZZ, Cicero und (teilweise) WELT gehören dazu, war die Berichterstattung extrem einseitig. Von einem Sprachrohr der Regierung zu sprechen, wäre vermutlich nicht allzu falsch. Eine wirklich schlüssige Analyse weshalb das so war, habe ich noch nicht gehört. Die Eigentümer der Blätter scheinen jedenfalls eine große Akzeptanz dafür gehabt zu haben. Und warum sollten diese Eigentümer jetzt ihre Meinung ändern? Welchen Nutzen hätten sie davon? Dass die Politiker der Regierung keinerlei Interesse an Aufarbeitung haben können, wurde schon mehrfach gesagt.

Wo sollten also Impulse herkommen, die die großen Leitmedien das Thema "Aufarbeitung der Pandemie" aufgreifen ließe? Es ist nicht absehbar.  

Nein, das Thema Corona ist erst einmal durch. Es hat gezeigt, dass Gesetze keinen Schutz vor Menschenrechtsverletzungen bieten und dass eine große Mehrheit der Bevölkerung in Angst versetzt und paralysiert durch gleichgeschaltete Medien zu allem bereit sind.

Was die Aufarbeitung betrifft, kann das nur von unten passieren. Durch das Reden miteinander, das Erzählen von Geschichten, da wo gelebt wird: Über den Gartenzaun, im Sportverein, in der Betriebsküche, in der Raucherpause, im Schwimmbad, auf dem Weihnachtsmarkt...

Zum Schluss noch etwas Mutmachendes:


Und etwas Schönes: